Skip to main content
Kategorie: IT + Medien Gamesrecht
| 18:59 Uhr

AG Karlsruhe: Keine fristlose Kündigung eines Spielnutzungsvertrags nach entgeltlichem Erwerb von Features


von Rechtsanwalt Johannes Zimmermann

Sachverhalt

In einem beim AG Karlsruhe anhängigen Rechtsstreit klagt ein Spieler gegen den Spielbetreiber auf Wiederherstellung der Spielmöglichkeit, nachdem der Spielbetreiber die Kündigung sämtliche Accounts des Spielers gesperrt hatte. Der Spielbetreiber wirft dem Spieler vor, dieser habe sich Zugang zum Account eines anderen Spielers verschafft und virtuelle Gegenstände von dessen Account auf einen seiner eigenen Accounts übertragen. Der klagende Spieler hatte zuvor bereits erhebliche Geldsummen in den Aufbau seiner eigenen, nunmehr gesperrten Spielfiguren investiert. Der Spielbetreiber stützt seine Kündigung auf Ziffer 10.2 Allgemeinen Geschäftsbedingungen und auf wichtigen Grund. Ziffer 10.2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Spielbetreibers lautet:

„10.2 Der Vertrag kann von beiden Parteien jederzeit ordentlich mit sofortiger Wirkung gekündigt werden, sofern eine befristete Laufzeit nicht vereinbart wurde. […]“

In einer Verfügung des AG Karlsruhe vom 24.10.2013 , Az.: 7 C 258/13 heißt es u.a.: „Eine Kündigung gemäß Ziffer 10.2 der AGB der Klägerin dürfte in Fällen, in denen sich ein Nutzer nicht ausschließlich auf die kostenfreie Variante eines Spiels beschränkt, unzulässig sein“, ferner: „Außerdem erscheint fraglich, ob ein Pflichtverstoß des Klägers – diesen als wahr unterstellt – zu einer Kündigung ohne vorherige Abmahnung ausreicht und zu einer Kündigung ohne vorherige Abmahnung ausreicht und zu einer Kündigung auch vom Pflichtverstoß nicht betroffener Accounts berechtigt.“

Bewertung:

Der Ansicht des AG Karlsruhe ist zuzustimmen. Auch wenn der Hinweis nicht mit Gründen versehen ist, liegt auf der Hand, dass die anlasslose fristlose Kündigung durch den Spielbetreiber den Zweck der im Rahmen des Spiels geschlossenen entgeltlichen Verträge über den Erwerb virtueller Güter vereiteln würde. Wer derartige Features erwirbt, tut dies erkennbar zu dem Zweck, diese im weiteren Spielverlauf einzusetzen. Stünde dem Spielbetreiber die jederzeitige Kündbarkeit offen, hätte dieser die Möglichkeit, durch eine Kündigung unmittelbar nach einer solchen Transaktion sich seiner Leistungspflicht faktisch zu entziehen.

Mit Urteil vom 24.07.2012, Az.: 8 C 220/12 hatte dasselbe Gericht noch die jederzeitige Kündbarkeit durch den Spielbetreiber zugelassen, allerdings in einem Fall, in dem der Spieler kein Geld in seinen Account investiert hatte. Es ist daher zu begrüßen, dass das AG Karlsruhe nunmehr klarstellt, dass dies nicht gilt, wenn der Spieler entgeltliche Leistungen des Spielbetreibers in Anspruch genommen hat.

Ebenfalls zuzustimmen ist dem AG Karlsruhe darin, dass der außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund grundsätzlich eine erfolglose Abmahnung vorauszugehen hat. Dies entspricht allgemeinen Rechtsgrundsätzen und ist in § 314 Abs. 2 S. 1 BGB allgemein und in § 543 Abs. 3 S. 1 BGB speziell für das auf Onlinespielverträge regelmäßig anwendbare Mietrecht, ausdrücklich vorgesehen.

Schließlich ist dem AG Karlsruhe auch darin zuzustimmen, dass eine Kündigung wegen einer Pflichtverletzung nicht ohne weiteres auf Accounts erstrecken kann, die mit dem pflichtwidrigen Verhalten in keinem Zusammenhang stehen. Denn hinsichtlich jedes einzelnen Accounts besteht ein gesondertes Vertragsverhältnis, auf das sich Störungen anderer Vertragsverhältnisse nicht ohne Weiteres auswirken.