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Kategorie: Unternehmen + Steuern
| 08:55 Uhr

Beschlagnahme eines gestohlenen KFZ beim Käufer nach einem Gebrauchtwagenkauf unter Privatpersonen

von Ass. Anne Gessinger


Problemaufriss

Immer wieder kommt es vor, dass sich bei dem Kauf eines Gebrauchtwagens zwei Privatpersonen gegenüberstehen. Dies kann für den Käufer den Vorteil haben, dass er ein Auto günstiger kaufen kann, als es möglicherweise bei einem Gebrauchtwagenhändler der Fall wäre. Ein derartiges Geschäft unter Privaten bürgt jedoch auch Risiken. So kann beispielsweise, im Gegensatz zu einem Geschäft zwischen einem Unternehmer und einer Privatperson, ein Gewährleistungsausschluss vereinbart werden, der dazu führt, dass der Verkäufer für etwaig auftretende Mängel nach Übergabe des Fahrzeugs nicht einzustehen hat.

In letzter Zeit kommt es jedoch immer öfter zu Fällen, in dem sich nach dem Kauf eines Kraftfahrzeugs herausstellt, dass der Verkäufer nicht der rechtmäßige Eigentümer des Fahrzeugs war oder dieses sogar gestohlen wurde.

Grundsätzlich hat nur der Eigentümer die notwendige Berechtigung eine Sache zu veräußern (§ 903 S. 1 BGB). In einigen Fällen ist hier ein sog. gutgläubiger Erwerb möglich, wenn der Erwerber nicht weiß und auch nicht wissen musste, dass es sich bei dem Veräußerer nicht um den Eigentümer handelt.

Der gutgläubige Erwerb ist aber ausgeschlossen, wenn der Veräußerer selbst oder einer der Vorbesitzer das Kraftfahrzeug gestohlen hat (§ 935 Abs. 1 S. 1 BGB). Der Erwerber kann also nicht Eigentümer des Fahrzeugs werden, auch wenn er und sein Vertragspartner nicht wissen, dass das Auto gestohlen ist. Problematisch ist in diesem Zusammenhang, dass der Erwerber eines gebrauchten Kraftfahrzeugs beim Kauf eines Fahrzeugs nur wenige Möglichkeiten hat, festzustellen, ob sein Vertragspartner rechtmäßiger Eigentümer des Fahrzeugs und somit berechtigt ist, es zu veräußern. Natürlich werden die Zulassungspapiere (Zulassungsbescheinigung I und II) ebenfalls übergeben. Diese sind zwar ein starkes Indiz für die Eigentümerstellung, sie dienen jedoch nicht als Beweis. Darüber hinaus können diese Papiere gefälscht sein.

Nicht nur, dass der Besitzer des Fahrzeugs stets den Ansprüchen des wahren Eigentümers ausgesetzt ist, der die Herausgabe des Fahrzeugs verlangen könnte. Es kann auch dazu kommen, dass die Ermittlungsbehörden das mutmaßlich gestohlene Kraftfahrzeug beim, bis dahin ahnungslosen, Erwerber sicherstellen oder beschlagnahmen. Dieser kann damit weder über das Geld, welches als Kaufpreis gezahlt wurde verfügen, noch kann er das Fahrzeug nutzen.

 

Mögliche Vorgehensweisen

 In dieser misslichen Situation hat der Käufer verschiedene Handlungsmöglichkeiten.

 Zunächst kann eine Überprüfung ratsam sein, ob die In-Verwahrungnahme des Fahrzeugs durch die Ermittlungsbehörden rechtmäßig war. Die Rechtmäßigkeit hängt davon ab, ob es sich dabei um eine Sicherstellung oder eine Beschlagnahme handelt. Bei einer Sicherstellung wird die Sache freiwillig an die Ermittlungsbehörden übergeben; eine Beschlagnahme erfolgt gegen den Willen des Gewahrsamsinhabers.

 

Sofern das Kraftfahrzeug sich noch in staatlicher Verwahrung befindet, besteht die Möglichkeit auf die Herausgabe des Fahrzeugs hinzuwirken. Unabhängig davon, wer der Eigentümer des Kraftfahrzeugs ist, wird das sichergestellte oder beschlagnahmte Fahrzeug an den letzten Gewahrsamsinhaber, also an den Käufer des Fahrzeugs herausgegeben, wenn es für die Zwecke des Strafverfahrens nicht mehr benötigt wird. Selbst wenn der Käufer auf diesem Weg wieder in den Besitz des Fahrzeugs gelangt, ist er doch Ansprüchen des etwaigen wahren Eigentümers ausgesetzt.

 Dem Käufer können auch Ansprüche gegen den Verkäufer zustehen. Welche Ansprüche das sind, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab.

In dem Fall, dass das Auto gestohlen wurde, kann der Käufer Schadensersatzansprüche geltend machen (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 29.03.2012, I-28 U 150/11; LG Koblenz, Urteil vom 10.10.2014, 15 O 67/14). Bei Abschluss eines Kaufvertrags schuldet der Verkäufer die Verschaffung des Eigentums an der Sache. Wenn es sich um ein gestohlenes Fahrzeug handelt, kann der Verkäufer dem Käufer jedoch kein Eigentum verschaffen (§§ 929, 935 Abs. 1 S. 1 BGB).

Abzugrenzen sind diese Fälle aber von jenen, bei denen das Fahrzeug nicht gestohlen wurde, sondern freiwillig vom ursprünglichen Eigentümer in den Verkehr gegeben wurde. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn er das Auto verliehen hat oder ein Autohaus das Auto zum Zwecke der Probefahrt an einen Kunden gibt, dieser es nicht wieder zurückbringt und stattdessen veräußert. Hier ist ein gutgläubiger Erwerb an dem Fahrzeug möglich mit der Folge, dass der Erwerber, trotz mangelnder Berechtigung des Veräußerers Eigentümer des Fahrzeugs wird. Er muss das Auto mithin nicht an den vormaligen Eigentümer herausgeben (so der BGH, Urteil vom 18.09.2020, Aktenzeichen: V ZR 8/19).

Des Weiteren kann auch ein Rücktritt vom Kaufvertrag wegen eines Mangels in Betracht kommen. Ein sogenannter Rechtsmangel (§ 435 S. 1 BGB) kann dann vorliegen, wenn das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Übergabe an den Erwerber im Schengener Informationssystem (SIS) eingetragen ist (BGH, Urteil vom 26.02.2020, Aktenzeichen: VIII ZR 267/17). Dabei handelt es sich um System, über das Polizeibeamte aus 30 Staaten Zugriff auf Fahndungsdaten haben. Wird ein Fahrzeug zur Fahndung ausgeschrieben und dort eingetragen, kann der Käufer das Fahrzeug nicht mehr ungestört nutzen, da sich das Risiko der Ausübung von Rechten durch den ursprünglichen Eigentümer, aber auch das Risiko strafprozessualer Zugriffe so stark erhöht, dass damit unmittelbar und jederzeit gerechnet werden muss (BGH, Urteil vom 26.02.2020, Aktenzeichen: VIII ZR 267/17).

Ein Rechtsmangel kann auch dann vorliegen, wenn das Kraftfahrzeug nicht nur vorübergehend als Beweismittel sichergestellt wird, sondern die Sache dauerhaft durch den Staat eingehalten oder an den ursprünglichen Eigentümer herausgegeben wird (BGH, Urteil vom 18.02.2004, Aktenzeichen: VIII ZR 78/03).

 

Fazit

Die Vorgehensweise hängt vom Einzelfall ab. Maßgeblich ist insbesondere, ob der Erwerber Eigentümer des Fahrzeugs geworden ist und ob sich das Fahrzeug noch in staatlicher Verwahrung befindet, oder bereits herausgegeben wurde. Des Weiteren kommt es darauf an, ob das Fahrzeug zum Zeitpunkt des sogenannten Gefahrübergangs, das heißt bei der Übergabe, einen Rechtsmangel aufwies. Hier kann es eine Rolle spielen ob und wann das Fahrzeug als gestohlen gemeldet wurde und ob es bereits zur Fahndung ausgeschrieben und in das Schengener Informationssystem eingetragen wurde.

Die Beurteilung der Erfolgsaussichten und die Durchführung der im konkreten Fall bestmöglichen Vorgehensweise setzt fundierte Kenntnisse in den einschlägigen Rechtsgebieten voraus.

Gerne helfen wir Ihnen bei der Einschätzung Ihres Falls und der effektiven Geltendmachung Ihrer Rechte!

Gerne unterstützen wir Sie bei allen rechtlichen Fragestellungen rund um gestohlene KFZ, Ansprechpartner: Prof. Dr. Arens, Anne Gessinger