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Kategorie: Geistiges Eigentum & Wettbewerb IT + Medien
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Bindung eines Computerspiels an „Steam-Account“ zulässig


Der BGH, Urt. v. 11.02.2010, Az.: I ZR 178/08, hat in einem Grundsatzurteil entschieden, dass die Bindung eines auf DVD vertriebenen Computerspiels an eine online zugewiesene Kennung (Steam-Account), die nicht an Dritte weitergegeben werden darf, zulässig ist, auch wenn dies zur Folge hat, dass das Spiel faktisch nur noch durch den Ersterwerber genutzt werden kann.

Das Spiel ist im Einzelhandel in Form einer DVD käuflich zu erwerben. Nach der Installation auf dem PC des Erwerbers kann das Computerspiel erst genutzt werden, wenn eine Internetverbindung zu Servern des Spielanbieters hergestellt und für den Spieler nach Eingabe einer ihm zugewiesenen individuellen Kennung ein Konto („account“) eingerichtet worden ist. Mit einer erworbenen DVD kann nur einmalig ein Konto beim Spielanbieter eingerichtet werden. Die Nutzung des Kontos ermöglicht es, über das Internet zu spielen und kostenlose Weiterentwicklungen und sonstige spielebezogene Leistungen zu erhalten. In den Nutzungsbedingungen (AGB) ist ein Verbot enthalten, das Benutzerkonto zu verkaufen oder anderweitig weiterzugeben.

Der BGH hält diese Bindung mit dem urheberrechtlichen Erschöpfungsgrundsatz, der  besagt, dass die Weiterverbreitung eines Werkes zulässig ist, wenn dieses mit Zustimmung des urheberrechtlichen Berechtigten im Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden ist, für vereinbar und verneint eine Unwirksamkeit der AGB-Klausel gem. § 307 Abs. 1 S. 1., Abs. 2 Nr. 1 BGB. Der Käufer der DVD – so der BGH – sei nicht daran gehindert,  die DVD an einen Dritten weiterzuveräußern. Der Umstand, dass der Erwerber aufgrund des Verbots der Weitergabe des Accounts das Spiel nicht nutzen könne, sei für die Frage der Erschöpfung unbeachtlich. Es sei urheberrechtlich unbedenklich, wenn der Urheber sein Werk so gestaltet, dass dieses nur auf bestimmte Art und Weise genutzt werden könne bzw. dergestalt Nutzungsmöglichkeiten beschränke, dass ein nennenswertes Interesse nachfolgender Erwerber zum Erwerb des Werkes nicht besteht.

Durch die beanstandete Klausel werde auch nicht der Vertragszweck gefährdet, § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Das Verbot, den Account an Dritte zu übertragen, gefährde nicht den eigentlich Zweck des Accounts, demjenigen, der erstmalig den Account einrichtet, die Teilnahme am Spiel zu ermöglichen. Die Übertragung eines Nutzerkontos auf einen Dritten stelle eine Vertragsübernahme dar, welche nur mit Zustimmung des Spielbetreibers zulässig sei.

 

Bewertung:

Die Argumentation des BGH erscheint auf den ersten Blick etwas eigenartig. Der Ersterwerber könne die DVD schließlich ohne Einschränkungen weiterbreiten, dass der Zweiterwerber das Spiel aufgrund der Bindung an den Account nicht nutzen könne, sei unbeachtlich. Aber was soll der Zweiterwerber mit dem Spiel, wenn er dieses nicht nutzen kann? Auf diese Weise – so könnte man kritisieren – wird der Erschöpfungsgrundsatz unzulässig mit einem Trick umgangen.

Bei genauerer Betrachtung ist der Argumentation des BGH jedenfalls in den Fällen zuzustimmen, in denen das Spiel nur unter Nutzung von online vom Spielbetreiber zur Verfügung gestellter Spielkomponenten gespielt werden kann, etwa wenn der Spieler auf seinem Rechner nur einen Client installiert, über den er auf eine virtuelle Spielumgebung mittels einer Internetverbindung zugreifen kann wie dies typischerweise bei Onlinespielen oder Browserspielen der Fall ist. In diesen Fällen ist die käuflich zu erwerbende Spiel-CD nicht anderes als ein Schlüssel, um Eintritt in die vom Spielanbieter online vorgehaltene Spielumgebung zu erhalten. Die vertragliche Hauptleistung des Spielanbieters besteht in der Bereitstellung der virtuellen Spielumgebung, welche in erster Linie mietvertraglich zu qualifizieren ist und dem Spielanbieter somit weitgehende Gestaltungsmöglichkeiten zur vertraglichen Ausgestaltung der Nutzungsmöglichkeit gewährt. Der Spielanbieter muss selbst darüber bestimmen dürfen, welchen Spielern er den Zutritt zum Spiel gewährt, so dass auch die Bindung des Spielers über einen persönlichen Account sowie die Vereinbarung von Verboten zur Überlassung des Accounts rechtlich zulässig sein muss.

Problematisch erscheint die Bindung eines Spiels an einen Steam-Account jedoch dann, wenn das Spiel (auch) offline, d.h. ohne online-Unterstützung durch den Spielanbieter, gespielt werden kann. In diesem Fall besteht für eine Bindung der Nutzungsmöglichkeit an einen Steam-Account keine sachliche Rechtfertigung. Ein Verstoß gegen den urheberrechtlichen Erschöpfungsgrundsatz ist in dieser Konstellation m.E. zu bejahen und Klauseln, mit denen entsprechende Bindungen vereinbart werden, unter AGB-rechtlichen Gesichtspunkten als unwirksam zu betrachten. Aus der Entscheidung des BGH geht nicht eindeutig hervor, ob auch eine Möglichkeit zu einer Offline-Nutzung des Spiels bestand, so dass Rechtssicherheit über die Zulässigkeit entsprechender vertraglicher Bindungen nach wie vor nicht besteht.