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Kategorie: IT + Medien
| 11:33 Uhr

LG Köln: Kohl-Zitate im Buch „Vermächtnis – Die Kohl-Protokolle“ zu Recht verboten?


von RA Dr. Jan-Peter Psczolla
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht

LG Köln verbietet Kohl-Zitate

Mit Urteil vom 13.11.2014 (Az.: 14 O 315/14) hat das Landgericht Köln dem Journalisten Heribert Schwan, seinem Co-Autor Tilman Jens sowie dem Verlag Random House verboten, einen Großteil der im Buch „Vermächtnis – Die Kohl-Protokolle“ verwendeten Kohl-Zitate weiterzuverwenden bzw. zu veröffentlichen. Die Zitate entstammen Gesprächen von Heribert Schwan und Helmut Kohl aus den Jahren 2001 und 2002, die als Grundlage für die Memoiren von Helmut Kohl dienen sollten und die auf Tonbändern festgehalten worden sind. Das Oberlandesgericht Köln hatte Heribert Schwan erst kürzlich zur Herausgabe der Tonbandprotokolle verurteilt.

Das Gericht gibt dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Altkanzlers den Vorzug vor dem öffentlichen Informationsinteresse der Allgemeinheit bzw. der Presse- und Meinungsfreiheit aus Art. 5 GG, bemüht dabei aber eine Hilfskonstruktion, indem es aus den Verträgen der Beteiligten Kohl und Schwan mit dem Verlag eine Verschwiegenheitsverpflichtung „herausliest“. Hinsichtlich des Co-Autors Jens und dem Verlag geht das Gericht nicht von einer Verschwiegenheitsverpflichtung aus, hält aber gleichwohl das Persönlichkeitsrecht von Helmut Kohl für gewichtiger, wenn auch hinsichtlich einer geringeren Anzahl von Zitaten.

Bewertung:

Das Gericht musste eine Abwägungsentscheidung treffen zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Altkanzlers, der davon ausging, dass die in vertraulicher Gesprächsatmosphäre geäußerten Zitate vor einer Veröffentlichung – jedenfalls zu Lebzeiten – von ihm freigegeben werden müssen und dem öffentlichen Informationsinteresse daran, wie der damalige Kanzler als überragend bekannte Person des öffentlichen Lebens tatsächlich über seine politischen Weggefährten gedacht hat.

Ob die Entscheidung des LG Köln in zweiter Instanz – und nach Durchführung des Hauptsacheverfahrens vor dem BGH – hält, darf bezweifelt werden. Bei allem Verständnis für das berechtigte Interesse von Helmut Kohl, die Veröffentlichung und Verbreitung der nicht immer charmanten Zitate zu verhindern, charakterisieren diese doch deutlich auch die politische Person Helmut Kohl und das vielfach in den Medien beschriebene „System Kohl“, zu dem u.a. die Einordnung der politischen Weggefährten in loyale Anhänger oder Verräter gehörte. Die Zitate in ihrer Gesamtschau ermöglichen den Blick auf das Denken des Staatsmannes Kohl abseits der durch das Amt des Bundeskanzlers vorgegebenen Etikette und sind damit auch von überragendem öffentlichen Informationsinteresse.

Man mag berechtigterweise Kritik an der Art der Informationsbeschaffung und –verbreitung durch Herrn Schwan äußern, dies ändert aber nichts daran, dass eine Veröffentlichung der Zitate unter Abwägung der widerstreitenden Interessen – aus rein juristischer Sicht – im Hinblick auf Art. 5 GG zulässig sein muss.