Bundesarbeitsgericht lockert die Voraussetzungen der betrieblichen Übung
Unter einer betrieblicher Übung versteht man, dass ein Arbeitgeber seinen Angestellten über einen gewissen Zeitraum regelmäßig Leistungen gewährt. Sofern dies ohne einen sog. Freiwilligkeitsvorbehalt geschieht, kann daraus ein zwingender rechtlicher Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber entstehen. Der Arbeitgeber wird also auch für die Zukunft verpflichtet, die in der Vergangenheit gewährten Leistungen weiterhin zu erbringen.
Nach der bisherigen Rechtsprechung entstand die betriebliche Übung nur unter folgenden Voraussetzungen: Erforderlich war ein regelmäßiges (mindestens dreimaliges), gleichförmiges und vorbehaltloses Verhalten des Arbeitgebers. An einem gleichförmigen Verhalten des Arbeitgebers fehlte es bereits dann, wenn die Leistungsgewährung jeweils auf einem neuen Willensentschluss des Arbeitgebers beruhte. Dies sollte nach der Rechtsprechung des BAG bspw. dann der Fall sein, wenn der Arbeitgeber eine Leistung zwar regelmäßig gewährt, aber z.B. abhängig vom wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens im abgelaufenen Jahr in jeweils unterschiedlicher Höhe.
Daran hält das BAG seit seinem Urteil vom 13.5.2015 - 10 AZR 266/14 nun nicht mehr fest. Vielmehr hat es nun folgendes festgestellt: Hat der Arbeitgeber über einen Zeitraum von drei Jahren hinweg vorbehaltlos jeweils zum Jahresende eine als "Sonderzahlung" bezeichnete Leistung in unterschiedlicher Höhe an einen Arbeitnehmer erbracht, reicht dies für das Vorliegen einer betrieblichen Übung aus. Die entgegenstehende Rechtsprechung, dass eine betriebliche Übung bei einer Zuwendung in jährlich individuell unterschiedlicher Höhe ausscheidet, wird aufgegeben.
Seitens der Arbeitgeber ist mithin Vorsicht geboten. Eine betriebliche Übung und damit ein einklagbarer Anspruch des Arbeitnehmers kann nunmehr wesentlich häufiger vorliegen. Dem ist durch eine entsprechende vertragliche Gestaltung (Formulierung eines sog. Vorbehalts) zu begegnen.
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