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Kategorie: Geistiges Eigentum & Wettbewerb
| 10:51 Uhr

Markenrecht: Landgericht Koblenz - zur Abgrenzung von Abmahnung vs. Berechtigungsanfrage

Landgericht Koblenz, Urteil v. 10.01.2023, Az.: 11 O 12/22


In einem von unserer Kanzlei geführten Verfahren hat sich das Landgericht Koblenz mit der Abgrenzung einer (unberechtigten) Schutzrechtsverwarnung zur bloßen Berechtigungsanfrage befasst. 

Ein Fachverband hatte eine Werbung für eine Fortbildungsveranstaltung beanstandet, die mit dem Hinweis beworben werden, dass die Veranstaltung nach dem Curriculum des Fachverbands konzipiert worden sei. Der Veranstalter verfügte jedoch nicht über die erforderliche Zertifizierung des Fachverbands. 

Der Fachverband wies den Veranstalter per E-Mail darauf hin, dass der Hinweis auf das Curriculum des Fachverbands unzulässig sei und die entsprechenden Textpassagen gelöscht werden müssten. Die Curricula  dürfen ausschließlich von solchen Weiterbildungsinstituten beworben, angeboten und durchgeführt werden, die zertifiziert worden sind. Die E-Mail schloss mit dem Satz: "Wir bitten Sie um eine rasche Rückmeldung und möchten Sie darauf hinweisen, dass wir uns rechtliche Schritte vorbehalten."

Hierin sah der Anbieter der Fortbildungsveranstaltung eine unberechtigte Schutzrechtsverwarnung und machte Schadensersatzansprüche geltend. 

Das Landgericht Koblenz kommt zu dem zutreffenden Ergebnis, dass in der E-Mail keine Abmahnung zu sehen ist. Das Landgericht führt hierzu aus: 

"Es kann dahinstehen, ob das in der E-Mail vom [...] formulierte Begehren des Beklagten berechtigt oder unberechtigt war, denn vorliegend scheitert der vom Kläger geltend gemachte Anspruch bereits daran, dass der Beklagte in seiner E- Mail vom [...] nicht die Verletzung seines gewerblichen Schutzrechts, nämlich der zu seinen Gunsten eingetragenen Marke geltend macht. In der E-Mail erwähnt der Beklagte die zu seinen Gunsten eingetragenen Wortmarke überhaupt nicht. Vielmehr macht der Beklagte den [...] in der E-Mail darauf aufmerksam, dass die Curricula der [...] ausschließlich von Weiterbildungsinstituten beworben werden dürfen, die von der [...] zertifiziert worden sind. Unstreitig ist eine solche Zertifizierung weder den Kläger noch dem [...] erteilt worden. Der Beklagte beruft sich aber damit in keiner Form auf einen markenrechtlichen Anspruch.

Zudem ist die unberechtigte Schutzrechtsverwarnung abzugrenzen von der sog. Berechtigungsanfrage. Der Tatbestand der Schutzrechtsverwarnung setzt ein „ernsthaftes und endgültiges Unterlassungsbegehren“ voraus. Der Verwarner muss den Adressaten dazu auffordern, ein bestimmtes Verhalten sofort einzustellen, weil es ein vom Verwarnenden in Anspruch genommenes Schutzrecht verletze. Diese Schwelle ist nach der Rspr. des BGH noch nicht überschritten, wenn in Aussicht gestellt wird, man werde sonst die Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe „erwägen“, denn dann handelt es sich lediglich um die Aufforderung, in einen „Meinungsaustausch“ über die immaterialgüterrechtliche Lage einzutreten (BGHZ 38, 200 (203 f.) = 1963, 531 – Kindernähmaschinen; BGH NJW-RR 1997, 1404 = GRUR 1997, 896 – Mecki Igel III). Vorliegend macht der Beklagte den[...] zwar darauf aufmerksam, dass die Werbung für eine Fortbildung nach dem Curriculum der [...] unzulässig ist und dass alle zugehörigen Textpassagen zu löschen sind. Allerdings wird am Ende der E-Mail vom [...] um Rückmeldung gebeten und darauf hingewiesen, dass rechtliche Schritte lediglich „vorbehalten werden“. Hierin liegt die Aufforderung zu einem Meinungsaustausch. Die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung wird gerade nicht gefordert. Verlangt der Schutzrechtsinhaber in dem Fall einer behaupteten Schutzrechtsverletzung jedoch nicht die Abgabe einer Unterlassungserklärung, kann dies Zweifel an seinem ernsthaften Willen wecken, sein Schutzrecht tatsächlich durchzusetzen und notfalls gerichtliche Schritte einzuleiten, wenn sich der (vermeintliche) Verletzer nicht unterwirft (BGH, Urteil vom 12. Juli 2011 – X ZR 56/09 –, Rn. 30 - Besonderer Mechanismus)."

Wir beraten Sie zu allen Fragestellungen rund um Markenrecht und Abmahnung, nehmen Sie gerne unverbindlich Kontakt zu uns auf (Ansprechpartner RA Dr. Psczolla)!